Weyarn im "Aufbruch zur Einzigartigkeit"
Blumenwiese statt Vorgarten: Weyarn präsentiert sich Rundfahrt mit Jury für Europäischen
Dorferneuerungspreis
VON CHRISTINA JACHERT-MAIER
Weyarn - Bürgerkultur könne man
nicht in Stein gießen und herzeigen, nur spüren, schickte Bürgermeister Michael
Pelzer der Präsentation voraus, mit der engagierte Weyarner drei Juroren davon
zu überzeugen suchten, dass ihre Gemeinde den Europäischen Dorferneuerungspreis
verdient hat - auch wenn es keine augenfälligen Attraktionen vorzuzeigen gibt.
Das Fazit von Direktor Charles Konnen aus Luxemburg fiel begeistert aus:
"Was
heute hier gezeigt wurde, wird unserem Motto sehr gerecht."
Es gebe keinen prachtvollen Vorgarten vorzuweisen, aber eine ganze
Blumenwiese, schwärmte Pelzer vom vielfältigen Engagement der Dorfbewohner. "Es
geht immer darum, die Menschen zum Mitmachen zu bewegen", erklärte er bei der
ersten Station der Präsentation in der Weyarner Schule.
Dort empfingen
musizierende Kinder die Juroren Charles Konnen, Rasa Martinaviciene aus Litauen
und den Österreicher Hartwig Wetschko. Aus schrägen Tönen entwickelten die
Kinder einen schwungvollen Zusammenklang, der direkt ins Ohr gehen ließ, was den
Weyarnern schon zu zahlreichen Ehren wie zum Beispiel der Expo-Präsentation
verholfen hat: Hier gibt es ein echtes Miteinander, in dem viele Verantwortung
übernehmen.
"Bürgerarbeit ist anerkannt in Weyarn", meinte Heinrich Schneider,
Projektleiter bei der Direktion für ländliche Entwicklung. Der Freistaat hatte
Weyarn gebeten, als Kandidat des Landes Bayern ins Rennen um den
Dorferneuerungspreis zu gehen. Den Gewinnern winkt Ehre, dotiert ist die
Auszeichnung nicht. Pelzer, der just an diesem Tag Geburtstag feierte, zeigte
sich "in jedem Fall zufrieden". Der Wettbewerb habe wieder viele Engagierte an
einen Tisch gebracht und zum Nachdenken angeregt.
Tatsächlich hatten sich die Weyarner einiges einfallen lassen. Leo Wöhr,
Elfi Weidl und Josef Hatzl berichteten aus den Arbeitskreisen Geschichte,
Kultur und Marterl, die allesamt Beachtliches auf die Beine gestellt haben:
Bestens aufgemachte Chronik-Bände, den Kulturpfad und kundige Denkmalpflege.
Viele stiegen auch mit in den großen Bus, mit dem die Gemeinde die Juroren übers
Land kutschierte. Dabei ging es nicht nur um idyllische Dorfbilder, sondern vor
allem auch um das dezentrale Gewerbekonzept, dessen Inhalt es ist, Wohnen und
Arbeiten beieinander zu lassen. Ganz bewusst lässt die Gemeinde in den
Wohngebieten Betriebe zu, sofern sie in die Struktur passen. Auch die
Grundstückspolitik war Thema. Auf 20 Jahre hinaus, so Pelzer, habe die Gemeinde
genügend Flächen, um jungen einheimischen Familien den Bau eines Eigenheims zu
ermöglichen. Dazu stellt Weyarn Flächen in Erbpacht zur Verfügung.
 
Zum Ausklang
lud die Gemeinde zu einer Brotzeit auf dem Aussichtsberg ein, bevor es über den
Kulturpfad zur Stiftskirche ging.
Die Meinung der Weyarner, dem Motto "Aufbruch zur Einzigartigkeit" eigentlich
nicht gerecht zu werden, teilt Konnen, Direktor des nationalen
Flurneuordnungsamtes in Luxemburg, nicht.  Die Bürgerkultur "in dieser Dichte und
Qualität" treffe genau den Kern des Projektes. Es zeige sich auch, dass Bürger,
die Mitmachen, oft weniger anspruchsvoll seien als Planer dies meinten. "Weniger
ist mehr."
Eine Entscheidung fällt die Jury allerdings erst im Sommer, die
Preisverleihung findet am 7. Oktober im Großen Walsertal statt.
mm
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